Wie geht Familie heute?
Wie kommt das eigentlich, dass viele von uns von einer Familie träumen, die glücklich zusammenlebt, wir aber kaum Menschen kennen, bei denen das funktioniert? Die meisten Familien, die ich erlebe, leben nicht in der ursprünglichen Konstellation zusammen. Da wurde sich schon getrennt, als die Kinder noch klein waren oder man lebte von Anfang an getrennt. Manche halten auch eine ganze Weile durch und trennen sich dann, wenn die Kinder groß sind oder leben in einer Art Zweck-WG. Wieso ist das Modell Familie heute so selten umsetzbar? Liegt es an den veränderten Rollenbildern? Sind die emanzipierten Frauen die Ursache, wie einige Männer vermuten? Frauen haben jahrzehntelang daran gearbeitet, ein selbstbestimmtes Leben zu entwickeln. Das führt in vielen Fällen dazu, dass sie engagiert an ihrer Karriere feilen und viel arbeiten. Sind sie dann Mitte 30, überfällt sie in der Regel das Thema Familienplanung. Oh, da war doch noch was. Wo ist denn jetzt bloß der ideale Vater meiner Kinder? Eifrig begeben sie sich auf die Suche. Die Werte-Skala wird noch mal auf Familientauglichkeit überprüft und dann geht’s los. Ist der Partner ausgewählt und willig, eine Familie zu gründen, wird noch mal neu gewürfelt. Wer von den beiden gibt seine Karriere auf? Wer nimmt nach einer Weile eine Teilzeit-Stelle an, um im Job zu bleiben? Wieso wird ein Mann heute noch belächelt, wenn er seine Erziehungszeit nimmt? Familienfeindliche Strukturen gibt es überall. Erst wenige Unternehmen setzen auf Betriebskindergärten und Teilzeit-Jobs oder Job-Sharing. Schauen wir doch mal zu unseren Nachbarn nach Skandinavien oder Frankreich. Da wird das Thema schon lange ganz anders umgesetzt, während hierzulande traditionelle Rollenerwartungen als Entwicklungsbremse fungieren.
Regina Nußbaum
Regina Nußbaum