Ungarn: Abschaffung der rechtlichen Anerkennung von trans- und intergeschlechtlichen Menschen wirft Land ins Mittelalter zurück

amnesty logoBERLIN, 19.05.2020 – Trotz internationalen Protests hat das ungarische Parlament am heutigen Dienstag die Möglichkeit der rechtlichen Anerkennung von Trans-Personen und intersexuellen Menschen abgeschafft. Amnesty International kritisiert diese Entscheidung scharf.

“Diese Gesetzgebung verletzt erheblich die Rechte von Trans-Personen und intersexuellen Menschen, setzt sie weiterer Diskriminierung aus und weitet eine intolerante und feindselige Umgebung aus. Diese Entscheidung wirft Ungarn zurück ins Mittelalter“, kommentiert Dávid Vig, Direktor von Amnesty International in Ungarn den Parlamentsbeschluss. „Es ist empörend, dass das ungarische Parlament dieses Gesetz durch das Parlament gepeitscht hat. Die Behörden sollten sich derzeit auf den Kampf gegen den Gesundheitsnotstand konzentrieren, anstatt diesen als eine Möglichkeit zu betrachten, Menschenrechte mit Füßen zu treten“, so Vig.

Die Änderung des Gesetzes über den Registrierungsprozess von Geburten, Todesfällen und Ehen reiht sich in die menschenrechtsmissachtende Politik der Fidesz-Regierung von Viktor Orbán ein. "Erst vor wenigen Tagen hat der Europäische Gerichtshof die Inhaftierung von Flüchtlingen an der ungarischen Grenze als rechtswidrig verurteilt. Nun soll ein neues Gesetz in Ungarn die Diskriminierung von Trans- und intersexuellen Menschen legitimieren," ordnet Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, den Parlamentsbeschluss ein. „Ungarn ist heute ein EU-Staat, der die Rechte von LGBTI, von Flüchtlingen oder von wohnungslosen Menschen bewusst, gezielt und menschenrechtswidrig einschränkt und verletzt. Wer sich zivilgesellschaftlich engagiert, wer sich kritisch äußert oder wer Hilfsbedürftigen hilft, der riskiert, diffamiert, bedroht oder kriminalisiert zu werden.“

Amnesty International sieht die internationale Gemeinschaft gefordert: „Menschen in Ungarn brauchen unsere Solidarität und Unterstützung. Und sie brauchen eine EU-Kommission und eine deutsche EU-Ratspräsidentschaft, die diesen Angriffen auf die Menschenrechte mitten in Europa etwas entgegensetzt", so Markus N. Beeko. Dávid Vig fordert: „Jetzt muss Ungarns Menschenrechtskommissar handeln und das Gesetz durch das Verfassungsgericht prüfen lassen. Sollte dieses zu der Auffassung gelangen, dass die Abschaffung der rechtlichen Anerkennung des Geschlechts gegen die ungarische Verfassung verstößt, muss das Gesetz annulliert werden.“

Hintergrund

Im Rahmen einer Änderung des Gesetzes über den Registrierungsprozess von Geburten, Todesfällen und Ehen hat das ungarische Parlament mehrheitlich dafür gestimmt, dass statt dem gelebten Geschlecht nur noch das „Geschlecht bei der Geburt“ in Dokumenten und Ausweisen stehen soll. Diese Bestimmungen verletzen das Recht von Trans- und intergeschlechtlichen Personen auf Privatsphäre sowie das Recht auf rechtliche Anerkennung des Geschlechts, welches selbst bestimmt wird. So missachtet die Gesetzesänderung internationale Menschenrechtsstandards und versäumt, die Menschenwürde von Trans- und intergeschlechtlichen Personen zu schützen. Es ist unklar, wie diejenigen Personen, die sich derzeit in der medizinischen Übergangsphase befinden, von den Änderungen betroffen sein werden.

Amnesty International befürchtet, dass die Einschränkung des Rechts der Menschen, Dokumente entsprechend ihrer Geschlechtsidentität zu erhalten, zu weiterer Diskriminierung führen wird und sich Angriffe und Hassverbrechen gegen Trans- und Intergeschlechtliche verschärfen. Darüber hinaus können die Unsicherheit und die täglichen Kämpfe, die diese Änderungen beim Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, Institutionen und Möglichkeiten mit sich bringen, zu Selbstverletzungen, Selbstmord und anderen psychischen Gesundheitsproblemen für Menschen führen, deren Geschlechtsidentität nicht anerkannt werden kann.

Amnesty international fordert die ungarischen Behörden auf, alle Gesetze aufzuheben, die Trans- und Intergeschlechtliche diskriminieren, und sicherzustellen, dass sie das Recht auf Privatsphäre und Schutz vor Diskriminierung in Bezug auf wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte genießen können.

Hinsichtlich der aktuellen Gesetzesänderung fordert Amnesty International den ungarischen Präsidenten nachdrücklich auf, den Gesetzentwurf vor seiner Unterzeichnung dem Verfassungsgericht vorzulegen, um seine Nichtübereinstimmung mit Artikel II, VI (1) und XV (2) des Grundgesetzes (ungarische Verfassung) zu prüfen. Sollte der Präsident nicht handeln, muss der Kommissar für Grundrechte die verfassungsrechtliche Überprüfung des Gesetzentwurfs auf der Grundlage von Artikel 24 Absatz 2 des Gesetzes CLI von 2011 beim Verfassungsgericht beantragen.

Quelle: www.amnesty.de

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