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Geschärfte Wahrnehmung durch Fremdarbeit – über Johannes Kreidler, die politische Ökonomie und Autoreflexive KompositionsmethodenWednesday, 07. November 201218:00- Uhr |
Ein Vortrag von Prof. Mathias Spahlinger im Rahmen der Ringvorlesung: Schlüsselwerke der neuen Musik nach 1950
es hat sich herumgesprochen, dass die kunst, im unterschied zur sachmitteilung, einen fokus der aufmerksamkeit auf sich selbst, die art und weise ihrer mitteilung, auf stil und methode richtet. solche autoreflexion erreicht nach dem beginn des 20. jahrhunderts eine andere qualität. so fragt die neue musik bereits mit der atonalität nicht mehr „was klingt“ in bezug auf das system musik, sondern will wissen „was klingt in wirklichkeit“ – wie immer dieser undefiniert bleibende begriff gedeutet wird. kompositionsmethoden, anhand derer man gesteigerte autoreflexive absichten exemplifizieren kann, gibt es seither viele; sie markieren jeweils innovationsschübe in der geschichte der neuen musik. der wohl radikalste ging von cage aus; er stellte vor die frage, was wir hören, wenn das gehörte nicht mehr als expressive absicht eines autors interpretiert werden kann, überhaupt nicht mehr als intention. dieses problem gesellschaftlich konkretisiert, in den polit-ökonomischen zusammenhang gerückt, hat johannes kreidler: wie hören und deuten wir musik, wenn wir nicht wissen können, ob sie treffender ausdruck des autonomen subjekts sein will oder ob sie resultat von fremdbestimmter arbeit ist.
mathias spahlinger (*1944 in frankfurt am main). sein vater war violoncellist. ab 1951 unterrichtete ihn sein vater in fidel, gambe, blockflöte und später violoncello. ab 1952 bekam er klavierunterricht. 1959 begann er sich intensiv mit dem jazz zu beschäftigen, nahm saxophonunterricht und wollte jazzmusiker werden. 1962 verließ er die schule und machte bis 1965 eine schriftsetzerlehre. während der lehre nahm er privat kompositions-unterricht bei konrad lechner. nach beendeter lehre setzte er sein studium bei lechner an der städtischen akademie für tonkunst in darmstadt fort (klavier bei werner hoppstock). 1968 wurde er lehrer an der stuttgarter musikschule für klavier, theorie, musikalische früherziehung und experimentelle musik. von 1973-1977 studierte er komposition bei erhard karkoschka an der staatlichen hochschule für musik und darstellende kunst stuttgart. 1978 wurde er gastdozent für musiktheorie an der hochschule der künste in berlin, 1984 professor für komposition und musiktheorie an der staatlichen hochschule für musik karlsruhe. ab 1990 war er professor für komposition und leiter der instituts für neue musik an der staatlichen hochschule für musik freiburg. er lebt seit 2009 in potsdam.
Seit vier Jahren thematisiert ON - Neue Musik Köln den Begriff des Schlüsselwerks in der Konzerteihe SCHLÜSSELWERKE DER NEUEN MUSIK und einer fortwährenden Diskussion zu Schlüsselwerksliste. Die Hochschule für Musik und Tanz widmet die Ringvorlesung in diesem Semester genau diesem Thema der Schlüsselwerke in der Neuen Musik. Den Besuch der Vorlesungen möchten wir allen Interessierten sehr gerne empfehlen.
Eine Veranstaltung der Hochschule für Musik und Tanz Köln
Hochschule für Musik und Tanz Köln, Unter Krahnenbäumen 87, D-50668 Köln |