Kalender

klaus honnef unverschämte schoenheit.jpg 

"Unverschämte Schönheit" Fotografien aus der Sammlung Michael Horbach

Sonntag, 17. Juli 2022
11:00-14:00 Uhr

Als iCal-Datei herunterladen

   

Sie wachsen fast allen Menschen, sobald die Phase der Kindheit vorüber ist. Und sie sind so natürlich, wie es Natur nur sein kann. Doch sie erfreuen sich eines zweifelhaften Rufs. Gemeint sind die Achselhaare. Für die meisten gehören sie zur selbstverständlichen Ausstattung ihres Körpers. Sie schenken ihnen keine besondere Aufmerksamkeit. Andere, vor allem jüngere, rücken den Achselhaaren dagegen mit dem Rasiermesser zu Leibe. Sie betrachten sie als Makel, der beseitigt werden muss. Schon die Elite im alten Rom vermied es peinlichst, sie öffentlich zu zeigen. Seit in den Siebziger- und Achtzigerjahren weitgehend textilfreies Sonnenbaden in der westlichen Welt Mode geworden ist, gelten Achselhaare als unfein und in manchen Augen sogar als schmuddelig. Kurzschlüsse auf den Charakter ihrer Träger liegen nahe. Sie beschädigen das perfekte Körperbild, das die einschlägigen Hochglanz-Magazine verbreiten. Den unsichtbaren, jedoch suggestiv zwingenden Imperativen der Mode, die sie Bild werden lassen, gehorchen mittlerweile nicht nur Frauen, sondern in wachsendem Maße auch Männer. Entgegen dem dringenden Rat von Medizinern schreiten sie vor jeder Urlaubssaison zur radikalen Prozedur der systematischen Körperenthaarung.

Einer, der in der Praxis des Epilierens eine weitgehenden De-Naturisierung des menschlichen Körpers erblickt, ist Michael Horbach; ein bedeutender Sammler fotografischer Bilder, selbst Fotograf und oft auch Kurator von gelobten Ausstellungen in seinen weitläufigen Räumen. Ein Teil seiner fotografischen Sammlung ist dem scheinbaren Randthema Achselhaare gewidmet, das sich gerade in der Verdichtung durch die Anzahl bemerkenswerter Bilder als weniger randständig denn auf den ersten Blick vermutet entpuppt. Vielmehr entfalten die Bilder der Sammlung dank ihrer Menge vielfältige Referenzen auf tiefergehende kulturelle, soziale und auch politische Zusammenhänge. Sie entwerfen in ihrer Beziehung auf- und zueinander zugleich ein eindrucksvolles und obendrein attraktives Gegenbild zu dem vorherrschenden Schönheitsideal der modernen Wohlstandsgesellschaft. Klaus Honnef, als Kurator der Ausstellung und Herausgeber eines umfangreichen Kataloges, hat dem ungewöhnlichen Thema den Titel „Unverschämte Schönheit“ gegeben.

Bilder von Fotografinnen und Fotografen mit berühmten Namen haben das Gegenbild der „Unverschämte(n) Schönheit“ ins Werk gesetzt. Samt und sonders stammen sie aus der Sammlung Horbachs und zeigen, dass das Epilieren, ein vergleichsweise neues Phänomen ist. Der Zeitraum der Ausstellung erstreckt sich auf die letzten hundert Jahre, und in den Bildern der Pioniere, die das Medium Fotografie in den Zwanzigerjahren zum künstlerischen Ausdrucksmittel gemacht haben, finden sie sich wie selbstverständlich. Zum Beispiel (in der chronologischen Reihenfolge) bei Germaine Krull, Man Ray, Heinz Hajek-Halke, Edward Weston und Tim Gidal ebenso wie in der Nachkriegszeit bei Federico Patellani, Mario de Biasi und Lucien Clerque, und „natürlich“ Helmut Newton, der den Sex in die Modefotografie eingebracht hat. Desgleichen noch bei Lee Friedlander, Olaf Martens, Birgit Kleber, Marlo Broekmans und Annette Frick. Bei den beiden zuletzt genannten Künstlerinnen verstehen sie sich gleichzeitig als Statement ihrer körperlichen Autonomie.

Die Bilder der bekannten und weniger bekannten Fotografinnen und Fotografen versammeln zahlreiche Gattungen des Fotografischen, vom Porträt bis zum Akt, von der journalistischen Fotografie bis zur modernen Kunstfotografie. Dabei feiert die Erotik der Körper gerade vor der Folie einer sterilen Magazin-Fotografie ein faszinierendes Comeback, als ur-menschliches und ur-natürliches Element.

Erwähnenswert ist ferner, dass in Sammlung und Ausstellung zahlreiche Künstlerinnen und Fotografinnen vertreten sind. Erheblich mehr als in üblichen fotografischen Ausstellungen. Namentlich ihren Arbeiten verdankt sich der dramatische Wandel in der fotografischen Einstellung, weg vom beobachtenden männlichen Blick aus der Distanz hin zu einer visuellen Teilhabe an der leiblichen Ausdruckskraft des Körpers durch erhöhte Intensität.

So wirken die „Bilder der Achselhaare“ in der korrespondierenden Zusammenschau wie ein wunderbares Spiegel-Mosaik der faszinierenden und wechselfreudigen Mannigfaltigkeit der fotografischen Kunst vor dem Hintergrund sozialer, kultureller, politischer, ökonomischer und wissenschaftlicher Umwälzungen in der Abenddämmerung der Moderne. Und weil es so unzeitgemäß erscheint, fällt es umso nachhaltiger aus.

Text: Klaus Honnef

Ausstellungsdauer: 10. Juli bis 19. August
Vernissage: 10. Juli von 11 bis 14 Uhr
Es spricht Prof. Klaus Honnef

Michael Horbach Stiftung
Wormser Straße 23
50677 Köln

Mi. und Fr. 15.30 – 18.30 Uhr, So. 11 – 14 Uhr, sowie nach Vereinbarung
Tel. +49 (0)221 2999 3378

Unter Beachtung der aktuellen Corona Vorschriften!

Cover zum Katalog der Ausstellung; 77 Fotografen/innen auf 175 Seiten
Foto: Ben Hopper
Quelle: http://www.michael-horbach-stiftung.de/

 





 

Anfahrt und Karte (klicke auf Symbol)

Veranstaltungsort:  Beschreibung Anfahrt Info mehr...
andere: Kunst und Kultur
mehr aus:
weitere von:

Teilen

 

 zum Kalender

 

You have no rights to post comments

Datenbank von lebeART

weitere Beiträge

Nachrichten und Doku in Köln

Ticketverkauf für gamescom 2024 startet


the heart of gamingTickets für Fach- und Privatbesuchende sind ab sofort exklusiv auf gamescom.global zu kaufen +++ Familien- und Abendtickets stehen zur Verfügung +++ Limitierte Anzahl Wildcards auch im Ticket-Shop erhältlich +++ Mit green tickets den gamescom fore...


weiterlesen...

25.04. - 15.06.2024 Ausstellung


bild landmannzweiimdruck sind, Suki Meyer-Landrut und Christine Pohlmann. Sie drucken Holz- und Linolschnitt. Ihre Kunst entsteht im Kollektiv und ihr Interesse gilt weniger dem Drucken von Auflagen als dem Experimentieren: mit unterschiedlichen Papieren und F...


weiterlesen...

Schüleraustausch Stipendien: Stiftung


stipendiumSchüleraustausch: Stiftung Mensch und Zukunft bietet Schülern Unterstützung für ihr Auslandsjahr an einer High School im Schuljahr 2024 / 2025

Das Interesse der jungen Leute am Schüleraustausch ist groß. Viele Schülerinnen und Schüler wollen in di...


weiterlesen...

Mit hochgelobtem, neuem Album


silvester"Wow … Was für eine starke und unaufgeregte Platte“
5 / 5 GUITAR
 
"tolle Stimmen zu Musik die in keine Schublade passt."
MADAME 04/24
 
"eine Manifestation von Stärke"
3/5 ROLLING STONE 03/24
 
„ … dieses Ehepaar aus Großbritannien gehört zurecht...


weiterlesen...

Zwei lit.kid.COLOGNE-Projekte erhalten


LIC24 litkid Osnowski Brandes FurtkampHieronymusRonneper lowresFreude am Lesen ist der entscheidende Schlüssel für kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen. Deshalb fördert das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen zwei Bildungsprojekte der lit.kid.COLOGNE für junge Les...


weiterlesen...

RONI HORN "Give Me Paradox or Give Me


csm Roni Horn 13 7aa515034eDas Kölner Museum Ludwig zeigt vom 23. März bis 11. August 2024, eine große Werkschau der US- amerikanischen Künstlerin Roni Horn. Der leitende Kurator, Herr Yilmaz Dziewior, konnte sogar Zeichnungen im Atelier der Künstlerin entdecken, die der Öf...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.