Interview mit Peter Mück
Mit Scratchart hat Peter Mück eine neue Kunstform begründet, die der Kölner leidenschaftlich in seinem offenen Atelier in der Kurfürstenstraße betreibt. Zerkratzte Fensterscheiben in Schaufenstern, Bussen und Bahnen sehen wir oft. Es ist ähnlich wie die Tags der Graffiti-Sprayer, Grundlage für das künstlerische Bearbeiten. Seit ca. fünf Jahren ist Mück mit Scrachart beschäftigt. Seine Arbeiten präsentiert er im Rahmen einer Gemeinschaftsausstellung der Künstlergruppe „Artalia“ in der Galerie-Graf-Adolf. Unter dem Titel “Zwischenstopp 5+1“ werden Skulpturen, Objekte, Aquarell- und Acrylmalerei, sowie Fotografien zu sehen sein.
Wir haben Peter Mück getroffen und ihn zu seiner Arbeit befragt.
Hallo Peter, aus welcher Entwicklung heraus, hast du begonnen Scratchart zu betreiben?
Ich bin Bauzeichner und habe während der Ausbildung (Anfang der 80-er Jahre) und meiner Berufstätigkeit ständig mit transparenten Medien gearbeitet. Es handelte sich hierbei um Folien, Transparentpapier und Butterpausen. Zudem habe ich dort meine Leidenschaft und das Handwerk des Freihandzeichnens gelernt.
Heutzutage wird das am Computer gemacht. Wie bist du dazu gekommen, Bilder in Glas und Kunststoff zu arbeiten?
Zu Beginn habe ich Zeichnungen angefertigt. Sie entstanden mit Tusche und Bleistift, auch habe ich eine Weile Malerei betrieben. Auf Scratchart bin ich gekommen, weil ich ein Scratching in einer Glasscheibe hatte. Ich habe mich darüber anfangs sehr geärgert und habe einen Glasermeister geholt. Er sagte mir, das ist ein Scratching. Und mich sprach allein der Begriff schon an. Also ließ ich den Kratzer an der Scheibe, versuchte mich selbst im kunstvollen kratzen und bin seitdem davon begeistert.
Du hast dann den Begriff Scratchart geprägt, da du der erste bist, der dies kunstvoll betreibt. Was gefällt dir daran?
Scratchen kommt ja von kratzen. Das hat viel mit Vandalismus und Zerstörung zu tun. Somit ist Scratchart auch klar in die Streetart einzuordnen. Dies reizt mich. Es ist ein Ausgleich zum alltäglichen Leben, wo doch eher die Dinge heile und geordnet sein sollten. Das Explosive und Ausdrucksstarke ist zudem für mich ein Gegenpol zu meinen stillen Stunden.
Meist arbeitest du Gesichter in Glas oder Kunststoff ein. Wie geschieht das?
Sie sind ähnlich den Tatoo-Motiven. Zum einen fotografiere ich Menschen und halte sie fest oder ich verfremde Bilder aus Printmedien. So bin ich momentan mit Tanzmotiven beschäftigt. Ich bearbeite die Bilder digital, so dass sie mir als Vorlage für das Scratching dienen.
Was möchtest du dem Betrachter hiermit zeigen?
Ich möchte zum einen mit den Portraits das animalische im Menschen ausdrücken. So haben die Gesichter oft etwas wolfsartiges, ja scheinbar eine Fellstruktur.
Allgemein kann ich sagen, dass ich Emotionen eines Bildes aufnehme und den Ausdruck, den ich darin gesehen habe, weiter entwickle.
Wie geschieht das?
Oft ist es so…ich sehe ein Bild und merke, dass es mich interessiert. Warum das so ist, kann ich erstmal nicht klar definieren. Nach einer Weile, wird mir bewusst, was es in mir auslöst, welche Gefühle ich mit dem Gesehenen verbinde. Somit verfremde ich die Abbildungen und arbeite meinen Eindruck hinein. Die Bandbreite ist dabei so groß, wie die Empfindungen, die in mir zu Tage kommen.
Du arbeitest in einem offen einsehbaren Atelier in der Kurfürstenstraße. Das ist eher ungewöhnlich für einen Künstler. Warum hast du diese Form der Arbeit gewählt?
Ich habe jahrelang in einem kleinen Atelier im Verborgenen gearbeitet. Nun wage ich den Schritt auf die Bühne und raus aus dem Dunkel. Aus diesem Grund habe ich meinen Tisch mitten in den Raum gestellt und jeder kann mir bei der Arbeit zusehen.
Du öffnest dich also den Menschen, was ebenfalls in Performances, in denen du bewusst Zerstörung demonstrierst, geschieht. Ist der Mensch Peter Mück so offen oder magst du die Inszenierung deiner Person?
Es ist alles authentisch. Früher war ich eher introvertiert und unsicher. Die Kommunikation ist für mich elementar wichtig geworden. Nun habe ich viel Kontakt auch zu anderen Künstlern. Ich mache ebenfalls Ausstellungen in meinem Atelier. Als Künstler habe ich die Möglichkeit Auszuprobieren. Zu schauen, was entsteht, wenn bspw. ein gescratchtes Bild zerstört wird und wie es aussieht. Es ist ein Wunsch in mir, den ich in die Tat umsetze.
Was ist die Triebkraft deiner künstlerischen Entwicklung?
Der Wunsch mich im Kunstbereich zu etablieren, setzt in mir viele Kräfte frei und ich entwickle immer wieder neue Ideen, die ich verwirklichen kann. Dadurch habe ich mich gezwungen raus zu gehen und mich zu öffnen und es gibt mir die Kraft weiter zu machen. Ob es klappt weiß ich nicht, aber ich arbeite daran Kunst als zweites Standbein noch mehr in mein Leben zu integrieren.
Vielen Dank für das Gespräch!
Ilka Baum
Weitere Informationen: Zwischenstopp 5+1
Galerie-Graf-Adolf
Graf-Adolf-Str. 18-20
51065 Köln-Mülheim