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Köln-InSight.TV - Premiere „Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor“ Multimediales TanzTheater in der Alten Feuerwache Köln

als mein vater ein busch wurde flyer www med„Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor“, beschreibt die Reise eines Flüchtlingskindes und spricht damit ein hochaktuelles Thema an. Am Freitag habe ich mir das Theaterstück in der Alten Feuerwache angeschaut. Es basiert auf einem Kinderbuch, das von Joke van Leeuwen verfasst wurde.

Die Bühne an sich ist sehr schlicht. Das Besondere sind die fünf Bildschirme: Ein großer befindet sich in der Mitte, zwei Bildschirme sind links und rechts davon aufgestellt und weitere zwei sind oben an der Decke links und rechts platziert. Die ersten zehn Minuten werden Filme auf den Monitoren abgespielt, aber so, dass sie sich gegenseitig ergänzen: Wenn zum Beispiel in der Mitte ein Sofa erscheint, sieht man an den Seiten eine Tür und ein Regal.
Die filmische Geschichte beginnt mit einem Mädchen, das bei ihrem Vater wohnt. Obwohl sie deutsch sprechen, ist klar, dass sie nicht in Deutschland wohnen. Die Mutter ist längst ausgewandert und der Vater wird als Soldat eingezogen und verlässt seine Tochter. Die Oma und das Mädchen müssen nun alleine in einem Kriegsgebiet leben – das nicht näher benannt wird. Die Oma beschließt auf Grund der heiklen Situation, dass Mädchen zu ihrer Mutter ins Nachbarland zu schicken, die das Kind noch nie zuvor gesehen hat.

Als das Kind ihre Oma verlässt, springt auf einmal jemand seitlich von dem Bildschirm auf die Bühne. Die Schauspielerin ist die gleiche, wie das Mädchen aus dem Film. Ich hatte schon Angst, dass sich das ganze Stück lediglich auf Monitoren abspielen würde. Sie blieb die einzige Bühnen-Schauspielerin; die anderen Personen wurden auf den Bildschirmen gezeigt.
Das Mädchen soll sich nun illegal über die Grenze schmuggeln. Sie bekommt Hilfe und wird mit dem Bus zu einem Flüchtlingsheim gebracht. Schon dort muss sich die Kleine abwertende Sprüche anhören. Dem Zuhörer wird die Perspektive von einem Flüchtlingskind näher gebracht: Das Mädchen ist erschöpft, hat Heimweh, weiß nicht, wie ihre Zukunft aussehen wird, und andere Menschen verlangen von ihr, dankbar und freundlich zu sein und beschimpfen sie. Die Unfairness ist kaum zu übersehen.

Als das Kind zu ihrem ersten Gastgeber gebracht wird, wird sie von den vielen neuen Reizen überrumpelt: Zunächst verhält sich der Hausherr (ehemaliger General) total merkwürdig und kam mir persönlich sogar leicht pädophil und besoffen vor. Gefühlte fünf Minuten spricht er über seine gewonnen Auszeichnungen. Die Hausherrin nimmt die Hygiene viel zu ernst und achtet übertrieben auf Pünktlichkeit und Benimmregeln. Ich dachte erst, dass das Mädchen in Deutschland gelandet ist, da hier viele deutsche Klischees gezeigt werden. Doch das ist nicht möglich, da Deutschland kein Kriegsland ist und das Mädchen noch in ihrem Heimatland ist. Am Ende beschweren sich die Gastgeber über die illegalen Asylanten und das Mädchen verlässt die Herberge.

Sie verliert die Gruppe, welche sie über die Grenze bringen sollte und geht alleine weiter. Als sie die Grenze passieren möchte, wird sie von der Polizei erwischt und unter Beobachtung gehalten. Ein Mann und eine Frau stellen ihr lächerliche und überflüssige Fragen und machen Tests mit ihr. Nachdem der Mann die Hand des Mädchens anfasst, desinfiziert er sich die Hände. „Ich kam mir vor, wie ein Paket, dass immer wieder an die falsche Adresse gebracht wurde.“, sagt das Mädchen über sich selber.

Sie bekommt Sprachunterricht, dabei ist nicht klar, welche Sprache sie lernen soll. Darum geht es aber im Stück nicht. Alles ist sehr allgemein gefasst und leicht verständlich, damit auch Kinder die Nachricht verstehen können: Flüchtlinge brauchen Hilfe. Viele Vorurteile sind unbegründet. Flüchtlinge sind auch Menschen und sollten die gleichen Menschenrechte genießen wie wir. Dennoch werden sie oft unmenschlich und ungerecht behandelt.

Am Ende findet das Mädchen ihre Mutter und springt wieder hinter einen Monitor. So sieht es aus, als würde sie ins Bild springen. Friede, Freude, Eierkuchen. Alles ist wieder gut.
Insgesamt gefiel mir das Stück gut. Es ist ab neun Jahren zugelassen, dementsprechend ist es kindgerecht aufbereitet, was für mich nicht so optimal war, denn ich bin kein neunjähriges Kind. Die Ton- und Bildtechnik war leider sehr unprofessionell, da der Ton, abgesehen von der Schauspielerin, viel zu leise war und die Bilder oft Wackelkontakt hatten.

Es wirkte vieles improvisiert und sehr spontan, was allerdings die Darstellerin durch ihr schauspielerisches Talent wettmachte: Sie blieb vollkommen in ihrer Rolle, egal ob die Technik mitgespielt hat oder nicht. Gefallen hatten mir auch die Tanzeinlagen und die musikalischen Elemente. Die Schauspielerin beherrschte einen traumhaften Tanzstil!

Die Filme auf den Bildschirmen waren unterhaltsam und fantasievoll umgesetzt. Zum Beispiel wurde der Krieg symbolisch dargestellt, indem sich Männer gegenseitig ohrfeigten. Doch manche Szenen dehnten sich zu lange aus, dafür kam leider das Ende zu kurz.

Im Endeffekt würde ich das Theaterstück jedem weiterempfehlen, da es gerade in der heutigen Zeit sehr wichtig ist, die Sicht von Flüchtlingen zu verstehen.

"Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor" Multimediales TanzTheater für Menschen ab 9 Jahren unter Schirmherrschaft der Deutschen UNESCO Kommission e.V.

Quelle Text: © Karlotta von Bormann / Köln-InSight.TV